Willkommen bei den Hartmanns

Komödie nach dem Film von Simon Verhoeven

Mit Antje Lewald, Steffen Gräbner, Peter Clös, Marc-Andree Bartelt, Caroline Klütsch u. a.

Regie: Michael Bleiziffer

Angelika Hartmann, pensionierte Lehrerin und frustrierte Ehefrau auf der Suche nach einer sozial sinnvollen Beschäftigung, möchte sich engagieren und unterbreitet ihrer Familie eine Spitzenidee: Warum nicht einem armen Flüchtling übergangsweise ein Zuhause bieten? Ehemann Richard, Oberarzt in der späten Midlife-Crisis, und der gemeinsame Sohn Philipp, ein in Scheidung lebender Workaholic mit anstrengend pubertierendem Sohn, sind zwar nicht gerade begeistert, beugen sich aber Angelikas Wunsch. Und so zieht in das schöne Haus der gutsituierten Hartmanns in einem Münchner Nobelviertel, in dem auch Tochter Sophie (Dauerstudentin mit Männerproblemen) und Enkel Basti (Philipps versetzungsgefährdeter Teenager-Sohn) wohnen, schon bald der afrikanische Asylbewerber Diallo ein, der auf eine baldige Aufenthaltsgenehmigung hofft. Abgesehen von ein paar Mentalitätsunterschieden – Diallo will z. B. die seiner Meinung nach schon recht ‚alte Jungfer’ Sophie mit Assistenzarzt Tarek verkuppeln, den er vom Fitness-Training kennt – könnte das Zusammenleben ganz harmonisch werden. Wenn, ja wenn da nicht innerfamiliäre Spannungen, die Einmischung durchgeknallter Alt-68er und verrückter Fremdenhasser aus der Nachbarschaft Chaos, Missverständnisse und spektakuläre Begegnungen mit der Polizei nach sich ziehen würden. Kurzum: Die Refugee-Welcome-Villa der Hartmanns wird zum Narrenhaus – sehr zum Vergnügen der Zuschauer.

Willkommen bei den Hartmanns“ ist eine Kinokomödie zur deutschen Flüchtlingskrise – mit Krawall und ein paar bizarren Fehlgriffen, aber ehrfurchtgebietendem Mut zur politischen Aktualität.

Tournee-Theater THESPISKARREN

Kritiken

Kritik aus der Borkener Zeitung vom 04.05.2019

Theater im Vennehof
Bei den Hartmanns geht es ziemlich turbulent zu

Von Claudia Peppenhorst

Borken. Die Filmkomödie "Willkommen bei den Hartmanns" von 2016 hat inzwischen rund vier Millionen Zuschauer in die Kinos gelockt. Dieser große Erfolg zog auch am Donnerstagabend die Besucher in die gut gefüllte Stadthalle im Vennehof, in der das gleichnamige Theaterstück in der Regie von Michael Bleiziffer auf dem Programm der Kulturgemeinde Borken stand.

Die Eins-zu-eins-Adaption des Films durch das Tournee-Theater Thespiskarren hat bereits 34 erfolgreiche Vorstellungen seit September 2018 hinter sich. Die turbulente Komödie spielt in einem spannenden Bühnenbild. Dazu gehört eine Miniaturvilla im Vordergrund, variables Mobiliar auf der Bühne, das als Esstisch, Schulbüro oder Operationstisch dient, und ein Baugerüst im Hintrgrund, das für die Außenwelt steht soll.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Chirurg Richard Hartmann (Steffen Gräbner) und seine Frau Angelika (Antje Lewald) nehmen den nigerianischen Flüchtling Diallo Makabouri (Derek Nowak) in ihr Haus auf. Der sympathische Afrikaner bringt die Familie ziemlich durcheinander, wodurch sich der wahre Charakter aller Personen offenbart. Diallos Asylantrag steht auf der Kippe. Doch auch die Zuschauer, die den Film nicht kannten, ahnten, dass es ein Happy-End geben würde. In mehrfacher Hinsicht lösten sich alle Probleme am Ende, was der Komödie gut tat - aber recht unrealistisch war.

Verhoevens Kinokomödie zur sogenannten Flüchtlingskrise wird zum aktuellen Theaterstück, das unserer Gesellschaft zwischen Willkommens-Euphorie und Überfremdungs-Panik humorvoll den Spiegel vorhält. Nachbarschaftliche Fremdenhasser und verständnisvolle "Gutmenschen" verteidigen ihre Positionen: Helfersyndrom gegen Arschlochsyndrom, wie es die Hartmann-Kinder formulieren. "Hier in Deutschland ist Glauben wie eine Meinung. Aber du darfst niemandem vorschreiben, was er glauben soll, das ist Faschismus", erklärt es Lehrerin Angelika Hartmann Diallo.

Bei allem Wohlwollen stellt sich für den einen oder anderen die Frage, ob nur das gutgestellte Bürgertum , wie hier Arzt und Lehrerin, in der Lage ist, so effektiv einem Menschen in Not zu helfen?! Was weniger Betuchte tun können, ist kein Thema.

Zustimmung und ganz großen Beifall gab's für die Inszenierung der acht Schauspieler und deren hervorragende Schauspielleistung.

Die Flüchtlingskomödie „Willkommen bei den Hartmanns“ von Regisseur Simon Verhoeven bekommt den Publikumspreis 2016 des Bayrischen Filmpreises.

Der Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven unternimmt in „Willkommen bei den Hartmanns“ etwas, was im deutschen Kino eher selten gelingt. Er behandelt mit den Mitteln wild aufgedrehter Unterhaltung einen politischen und sozialen Konflikt, der ganz aktuell das Land in zwei ziemlich unversöhnliche Lager zu spalten scheint: die Anhänger und die Feinde von Angela Merkels „Wir schaffen das“-Parole.